ZwangLOS!

Über die Grenzen der Zumutbarkeit

Performance

Die Literaturzeitschrift manuskripte konfrontiert im Projekt ZwangLOS! sowohl das Publikum als auch Autor:innen mit den die Kunst beeinflussenden Zwängen. Dabei geht es nicht um ihre Befreiung davon, sondern um die bewusste Verstärkung ebendieser – ein Sichtbarmachen, das neue Perspektiven eröffnet.

An zwei Tagen finden jeweils zwei Autor:innen im manuskripte-Archiv ihren Schreibplatz. Was sie schreiben, wie viel sie schreiben, in welcher Zeit sie es schreiben, in welcher Form sie es schreiben, was während des Schreibprozesses getrunken werden muss et cetera, bleibt dabei nicht ihnen überlassen. Über eine Menükarte können Besucher:innen ein literarisches Werk in Auftrag geben, einen oder eine Autor:in Zwängen aussetzen, an die er oder sie sich zu halten hat. Die Dokumentation des Zwanghaften erfolgt dabei nicht nur über den „gelieferten“ Text, sondern – je nach Wahl auf der Menükarte – auch über Fotografien, Schreibprotokolle, Blutdruckmessungen et cetera, die der oder die zweite Autor:in anzufertigen hat.

29.9., 30.9., 16:00–19:00

manuskripte
Sackstraße 17
8010 Graz

Der Eintritt ist frei!

Teilnehmende Autor:innen: Florian Dietmaier, Max Höfler, Katrin Köhler, Verena Stauffer

Unterstützt von steirischer herbst ’22

SH-Wordmark-2022-Year[6]

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ZwangLOS!

Reglementierungen bestimmen unseren Alltag und gehen mit gesellschaftspolitischen Anforderungen an Körperlichkeit und Geisteshaltung einher. Dem sich daraus permanent neu entwickelnden Diktat „wie gelebt werden soll“ hat sich das menschliche Individuum nicht nur zu unterwerfen, sondern hat ihm im Sinne permanenter Optimierungstendenzen mehr als gerecht zu werden. Die Modellierung immer neuer Notwendigkeiten begünstigt die Überführung von Normativen, die zweifelsohne für ein gewaltbefreites Zusammenleben innerhalb einer Gesellschaft vonnöten sind, in Zwänge, deren Erfüllung mitunter nur mehr einem Selbstzweck dient.

Die „freie“ Kunst nimmt innerhalb dieses von strengen Pflichten geprägten Gefüges nur scheinbar eine Sonderstellung ein, wird ihr doch die Aufgabe eines Aufzeigens, eines Aufbegehrens auferlegt. Es sind Anforderungen, die so nicht formuliert, aber latent eingefordert werden. Etwa, indem die Erfüllung eben dieser Ansprüche im Werk eines Künstlers/einer Künstlerin positiv herausgestellt wird, was die Ausdrucksweise von Künstler*innen dementsprechend beeinflusst.

Doch es ist nicht nur die ihr zugeschriebene gesellschaftliche Rolle, die die Kunst mit Zwängen belädt. Gemeinhin bekannt sind Instrumentalisierungstendenzen von Seiten der Politik, doch auch ausgerufene Modeströmungen haben das Potenzial, künstlerisches Schaffen zu belasten, zu formen, zu verändern. Und nicht zuletzt sind es die prekären Lebensverhältnisse, in denen sich Künstler*innen wiederfinden, die zu einem Hinarbeiten, im Falle von Autor*innen: beispielsweise einem Hinschreiben auf etwaige Wettbewerbe, zu einer von außen durch scheinbare Notwendigkeiten initiierten Veränderung der eigenen Arbeiten führen.

Wiederkehrend wird die Befreiung der Kunst von allen Zwängen eingemahnt, darf im Sinne ihrer spiegelnden Funktion (!) der Grad ihrer Freiheit ja durchaus als Parameter für jenen der sozialen Gesamtheit herangezogen werden. Doch es ist gerade die ihr innewohnende gesellschaftliche Reflexion, die eine solche Einforderung ad absurdum führt.

Die Literaturzeitschrift manuskripte konfrontiert im Projekt „ZwangLOS!“ sowohl das Publikum als auch Autor*innen mit den die Kunst beeinflussenden Zwängen. Dabei geht es nicht um ihre Befreiung, sondern um die bewusste Verstärkung eben dieser, ein Sichtbarmachen, das neue Perspektiven eröffnet.

Je zwei Autor*innen finden an zwei Tagen im manuskripte-Archiv ihren Schreibplatz. Was sie schreiben, wie viel sie schreiben, in welcher Zeit sie es schreiben, in welcher Form sie es schreiben, was während des Schreibprozesses getrunken werden muss etc. bleibt dabei nicht ihnen überlassen. Über eine „Anforderungs-/Menukarte“ (à la Pizzabausatz) kann der Besucher/die Besucherin ein literarisches Werk in Auftrag geben, den Autor/die Autorin Zwängen aussetzen, an die er/sie sich zu halten hat.

Das wählende Publikum ist ebenfalls nicht zwangsbefreit, muss es doch aus jeder Kategorie eine Möglichkeit auswählen und zudem die Texte bewerten.

Die Dokumentation des Zwanghaften erfolgt dabei nicht nur über den „gelieferten“ Text, sondern – je nach Wahl auf der „Menukarte“ – über Fotografien, Schreibprotokolle, Blutdruckmessungen etc., die der zweite Autor/die zweite Autorin anzufertigen hat.

Eine Auswahl der entstandenen Texte und Fotos wird in der Literaturzeitschrift manuskripte veröffentlicht.